Eine Lösung für die Zukunft?
Aufgrund des weltweit stetig sinkenden Fleischverzehrs, den wir explizit begrüßen, stehen auch weniger Tierhäute für die Verarbeitung zur Verfügung. Heute werden also Tiere nur zum Zweck der Lederherstellung gehalten und geschlachtet. Aber dazu gibt es Alternativen.
Themen wie Haltung der Tiere, Schlachtung, Verarbeitung (Stichwort: Gerbprozess) werden immer wieder öffentlich diskutiert. Mit Recht. An dieser Stelle sei allerdings auch angemerkt, dass gerade die Sparpolitik vieler Firmen dazu führt, dass im Preiskampf um Aufträge Nachhaltigkeitskriterien und Qualität im Lederbereich vergessen oder umgangen werden. Auch dies muss sich zwingend ändern. Medial werden regelmäßig neue, alternative Materialien teils heftig diskutiert, die kein Leder sind, aber wie Leder sein wollen oder sogar irreführend als „Leder“ bezeichnet werden. Dazu gehören Materialien wie Trama (Pilze) oder Piñatex (Ananas). Am Beispiel von Trama stellen wir hier dar, ob dies echte Alternativen sind:
Trama, auch Muskin, Mushroom Leather oder Zunderschwammpilz genannt, ist das schwammige Untermaterial von einem Baumpilz. Trama hat eine raulederartige Oberfläche und ist sehr weich und samtig. Trama ist weich und wirkt sehr natürlich, aber hat keine mit Leder vergleichbare Faserstabilität. Trama ist nicht reißfest. Mit wenig mechanischem Aufwand reißt Trama ein. Daher ist Trama auf eine Unterkaschierung angewiesen, die die Reißfestigkeit gewährleistet. Eine Technik, die auch bei Leder eingesetzt wird.
Trama hat noch einen weiteren Nachteil: Es ist äußerst wasserempfindlich. Offenporiges Leder ist auch wasserempfindlich. Wird Leder durch und durch nass, verkleben die Fasern beim Trocknen, und es wird steifer und muss wieder weicher gewalkt werden. Dazu verliert Rauleder etwas Haptik und Optik, wenn es komplett nass geworden ist.
Bei Trama sind die Konsequenzen schlimmer. Das Fasergefüge bricht durch Feuchtigkeit stark ein, und es dunkelt extrem ab. Der Schaden ist irreversibel.
Um besseren Schutz zu gewährleisten, kann Trama imprägniert werden. Aber wie bei Rauledern ist eine Imprägnierung nur ein Erstschutz und gegen Dauerregen nicht standhaft. Dazu nützt sich Trama durch mechanische Belastung schneller und stärker ab als Rauleder. Wie bei einer nappierten Fleischseite eines Fells kann auch auf Trama eine Bindemittelschicht aufgetragen werden.
Durch eine Vorimprägnierung kann auf das Trama ein Schutz gegen Feuchtigkeitsschäden durch wasserbasierende Binder aufgetragen werden. Wie bei einer Nappierung verliert das Material seine samtige Oberfläche, aber ein deutlich besserer Schutz wird erreicht.
Alle Lösungs- und Optimierungsansätze sind bisher nur auf kleinen Flächen erprobt worden. Bis zu einer serienreifen Lösung muss noch viel in die Entwicklungsarbeit investiert werden. Hier muss auch ein weiterer Aspekt bedacht werden: Trama ist generell nur in Stücken bis zu 30 Zentimetern verfügbar.
Materialeigenschaften im Überblick
Auch bei anderen Alternativen, wie Piñatex/Ananasblätter; Apfel- oder Weintrauben-Trester (Pressreste der Saftgewinnung); Eukalyptusleder, Leder vom Teakbaum oder Kork, stellt sich die Situation ähnlich wie beim Trama dar. Wie üblich ist bei aller Euphorie auch mit kritischen Stimmen zu rechnen. Wir denken, dass der Weg der richtige ist. Allerdings ist die Entwicklung noch nicht am Ziel und aktuell nicht so ausgereift, dass wir mit Lederalternativen arbeiten können. Viele Hersteller betonen, dass die Basismaterialien und die kombinierten Gewebe oder Bindemittel nachhaltig gewonnen würden und biologisch abbaubar seien. Es wird betont, dass weniger Wasser als bei der Baumwollproduktion benötigt würde und keine giftigen Chemikalien wie bei der Gerbung benötigt würden. Bei manchen Materialien wird argumentiert, dass sie schneller als ein Rind wachsen würden und es daher ein besseres Material sei. Dabei wird jedoch nicht bedacht, dass die Fleischproduktion vielfach die Basis der Ledererzeugung ist.
Bei den Empfindlichkeiten gibt es einige Parallelen zur Lederwelt. Es wird vor Jeansabfärbung auf die Materialien und vor dunklen Stellen im Hautkontaktbereich gewarnt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass diese Alternativmaterialien eine Marktberechtigung in der Nische haben, aber aktuell in Masse für die Produktion lederner Schutzhandschuhe nicht in Frage kommen. Noch nicht. An die umfangreichen Nutzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten von Leder reichen diese Materialien nicht annähernd. Bei Qualität, Stabilität und einfacher Verarbeitung für die anspruchsvolle Flächenverarbeitung hat Leder einen aktuell unaufholbaren Vorsprung. Die Materialbeschreibungen sind im Internet recherchiert und werden dort durchwegs positiv beurteilt. Eine kritische Betrachtung der Öko-Bilanz und Qualität der Materialien steht aus und würde vermutlich einige Angaben zu den Materialien relativieren. Im Gegensatz zu Leder benötigen fast alle Materialien ein stabilisierendes Trägermaterial.
Die auf Naturprodukten basierenden Materialien stecken noch mehr oder weniger in den Kinderschuhen, und nur wenige dieser Materialien werden je einen signifikanten Marktanteil erreichen. Interessant sind einige Parallelen zur Lederwelt. Ohne Kaschierungen und Bindemittelbeschichtungen kommen auch diese Materialien nicht aus, und wie bei Leder muss sich mit Bekleidungsabfärbungen und Schweißbeständigkeit herumgeschlagen werden.
Quelle: www.leder-info.de